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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 3 Ko 635/09
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG Anlage 1.1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 3. Senat

am 27. April 2009

beschlossen:

Tenor:

1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

3. Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I. Die Erinnerungsführerin führte unter dem Aktenzeichen 1 K 1454/08 (Kg) vor dem Sächsischen Finanzgericht ein Verfahren gegen die Erinnerungsgegnerin wegen Aufhebung der Rückforderung von Kindergeld für ihren Sohn für die Monate Januar 2007 bis April 2008 (jeweils einschließlich).

Auf Grund von Unterlagen über erfolglose Bewerbungen des Sohnes der Erinnerungsführerin um eine Lehrstelle, welche mit der Klageschrift vorgelegt worden waren, erkannte die Erinnerungsgegnerin in ihrer Klageerwiderung vom 24.09.2008 den Klageanspruch für die Monate Januar bis April 2007 (einschließlich) an. Die Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin verwiesen im Schriftsatz vom 20.10.2008 darauf, dass die selbe Sachlage auch für die Folgemonate gegeben sei und bezogen sich auf Unterlagen in den Verwaltungsakten der Erinnerungsführerin sowie auf Anlagen zu ihrer Klageschrift. Weitere diesbezügliche Unterlagen fügten sie ihrem Schriftsatz vom 25.11.2008 bei und vertieften ihre Ausführungen mit Schriftsatz vom 28.11.2008.

Die Erinnerungsgegnerin holte daraufhin Auskünfte gemäß § 93 AO zu den von der Erinnerungsführerin geltend gemachten Absagen hinsichtlich einer Lehrstelle für ihren Sohn ein. Nach Vorlage der entsprechenden Antworten anerkannte die Erinnerungsgegnerin durch Schriftsatz vom 23.12.2008 den Klageanspruch auch für die Monate Juli 2007 bis Februar 2008 (einschließlich).

Mit ihrem Schriftsatz vom 07.01.2009 wiesen die Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass auch für die nunmehr noch offenen Monate Mai und Juni 2007 sowie März und April 2008 die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld vorgelegen hätten und führten dies des Näheren aus.

In ihrem Schriftsatz vom 03.02.2009 schloss sich die Erinnerungsgegnerin sodann dieser Rechtsansicht an, gab dem Klagebegehren in vollem Unfang statt und erklärte - wie schon zuvor hinsichtlich der übrigen Teile - den Rechtsstreit auch in seinem Restbestand in der Hauptsache für erledigt.

Die Erinnerungsführerin, deren Prozessbevollmächtigte jeweils die Annahme der Anerkenntnisse der Erinnerungsgegnerin erklärt hatten, schloss sich dieser Erklärung an.

Daraufhin erlegte der Berichterstatter des 1. Senats des Sächsischen Finanzgerichts durch Beschluss vom 11.02.2009 die Kosten des Verfahrens der Erinnerungsführerin und der Erinnerungsgegnerin jeweils zur Hälfte auf. Auf die Begründung dieses Beschlusses (Bl. 77 f. der Gerichtsakte 1 K 1454/08 (Kg)) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

II. Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 16.02.2009 beantragte die Erinnerungsführerin,

für das Verfahren vor dem Finanzgericht eine 1,6-Verfahrensgebühr, eine 1,2-Terminsgebühr sowie eine 1,0-Einigungsgebühr, die Post- und Telekommunikationspauschale sowie die Umsatzsteuer aus alledem festzusetzen.

Die Erinnerungsgegnerin trat dem Begehren auf Festsetzung einer Erledigungs- und einer Terminsgebühr entgegen.

Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.03.2009 legte die Kostenbeamtin des Sächsischen Finanzgerichts eine 1,6-Verfahrensgebühr sowie die Auslagenpauschale und aus alledem die Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 330,34 EUR fest und erklärte hiervon 50 v.H. als für die Erinnerungsführerin erstattungsfähig. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Beschluss Bezug genommen.

III. Gegen den ihr am 12.03.2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Erinnerungsführerin am 18.03.2009 Erinnerung eingelegt. Sie erstrebt weiterhin die Festsetzung auch einer Erledigungs- sowie einer Terminsgebühr. Zur Begründung führt sie aus, die Erledigungsgebühr sei angefallen, da die Erledigung des Rechtsstreits nur auf Grund intensiver Mitwirkung ihrer Prozessbevollmächtigten erfolgt sei. Diese hätten letztlich die Gegenseite von der Notwendigkeit der Abgabe eines Anerkenntnisses überzeugt. Zudem sei dieses Anerkenntnis nur in drei Teilen hintereinander erfolgt, wobei jeweils noch erforderlich gewesen sei, die Erinnerungsgegnerin zu den ausstehenden restlichen Anerkenntnissen zu veranlassen. Auch sei es nicht Aufgabe ihrer Prozessbevollmächtigten gewesen, in der - "reichlich unsortierten" - Beklagtenakte die entsprechenden Nachweise herauszusuchen. Dass dies dennoch geschehen sei, stelle ein überobligatorisches Bemühen dar und rechtfertige damit die Erledigungsgebühr.

Auch die Terminsgebühr sei von ihren Prozessbevollmächtigten verdient worden. Sie hätten für die Erinnerungsführerin die jeweils von der Erinnerungsgegnerin abgegebenen Teilanerkenntnisse ausdrücklich angenommen und damit die Voraussetzungen der entsprechenden Bestimmungen des Kostenrechts erfüllt. Diese Regelung gelte zwar ausdrücklich nur für das zivil- und sozialgerichtliche Verfahren, müsse jedoch auf andere Gerichtszweige wie etwa das Finanzgericht angewendet werden.

Die Erinnerungsgegnerin tritt der Erinnerung aus den Gründen ihrer Stellungnahme zum Kostenfestsetzungsantrag entgegen.

Durch Beschluss vom 16.04.2009 hat die Kostenbeamtin der Erinnerung nicht abgeholfen und sie zur Entscheidung dem Senat vorgelegt.

IV. Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Zu Recht hat die Kostenbeamtin des Finanzgerichts die Festsetzung einer Erledigungsgebühr ebenso versagt wie diejenige einer Terminsgebühr. Hinsichtlich der übrigen Teile ihres angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses sind Rechtsfehler weder geltend gemacht worden noch sonst zu erkennen.

1. Nach Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) entsteht die Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Bei der Erledigungsgebühr handelt es sich nach herrschender Meinung - auch schon zur Vorgängerregelung des § 24 BRAGO -, der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, nicht um eine reine Erfolgsgebühr, sondern um eine besondere Tätigkeitsgebühr, die anlässlich der nichtstreitigen Erledigung eines Klageverfahrens verdient werden kann (Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage 2006, Nr. 1002 VV-RVG Rn. 11). Die Erledigungsgebühr stellt dabei den Ersatz für eine Einigungsgebühr bzw. Vergleichsgebühr dar, die in öffentlich-rechtlichen Streitsachen nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Wie bei der Einigungsgebühr reicht auch für die Erledigungsgebühr allein die Einlegung des Rechtsbehelfs und dessen Begründung regelmäßig nicht für die Bejahung des Tatbestands "durch anwaltliche Mitwirkung" aus. Der Rechtsanwalt muss vielmehr über die bloße Erfüllung des Verfahrensauftrags hinaus zusätzlich Besonderes gerade mit dem Ziel der Erledigung der Rechtssache ohne streitige Entscheidung des Gerichts geleistet haben, ohne das es zu der Erledigung in dieser Sache nicht gekommen wäre. Dabei ist die Aufgabe, eine Klageschrift und deren Begründung überzeugend zu formulieren und auf entsprechende Einwände der Gegenseite zu replizieren, Teil des allgemeinen anwaltlichen Auftrages, welcher bereits mit der Verfahrensgebühr abgegolten ist. Denn selbstverständlich hat jeder Bevollmächtigte die Verpflichtung, die Interessen seines Mandanten von vornherein bestmöglich zu vertreten. Dass derartige Argumente möglicherweise wiederholt oder aber in verschiedenen Abschnitten vorzubringen sind, ändert daran nichts.

Gemessen hieran steht den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin die geltend gemachte Erledigungsgebühr nicht zu. Anlass für die in Teilen und schließlich insgesamt erfolgten Abhilfen durch die Erinnerungsgegnerin waren zum einen Unterlagen, die nicht die Erinnerungsführerin vorgelegt hatte, sondern die die Erinnerungsgegnerin - in der Form von Auskunftsersuchen nach § 93 AO - von den entsprechenden Betrieben ihrerseits eingeholt hatte. Aber auch soweit Grundlage dieser Abhilfe Unterlagen waren, auf deren Vorhandensein in der Behördenakte die Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin die Erinnerungsgegnerin im Klageverfahren hingewiesen haben bzw. welche die Erinnerungsführerin im Klageverfahren neu vorgelegt hat, liegt hierin nicht das vorstehend genannte - für die Erledigungsgebühr erforderliche - besondere Bemühen ihrer Prozessbevollmächtigten. Vielmehr waren diese Hinweise und Nachreichungen in den o.g. Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten und den zugehörigen Anlagen Teil der Erfüllung der allgemeinen Aufgabe der Prozessführungspflicht seitens der Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführerin und damit mit der Verfahrensgebühr bereits abgegolten.

2. Der Erinnerungsführerin steht aber auch keine Terminsgebühr für ihre Prozessbevollmächtigten zu. Eine solche Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3202 VV-RVG einerseits in entsprechender Anwendung der Nr. 3104 VV-RVG (vgl. Abs. 1 der zitierten Bestimmung) und andererseits dann, wenn nach einer der Bestimmungen der §§ 79a Abs. 2, 90a oder 94a FGO vom Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (siehe Absatz 2 der zitierten Bestimmung). Keine dieser Voraussetzungen ist jedoch vorliegend erfüllt.

a) Hinsichtlich der Nr. 3202 Abs. 1 VV-RVG in Verbindung mit der Anmerkung zu Nr. 3104 VV-RVG fehlt es an der Voraussetzung, dass in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden ist. Die weiteren Bestimmungen (dort Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3) sind ohnehin nur im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar und scheiden daher hier von vornherein aus.

Vorliegend ist vom Finanzgericht in der Sache überhaupt nicht entschieden worden, sondern lediglich nach übereinstimmender Erledigungserklärung die Kostenverteilung vorgenommen worden. Eine solche Kostenverteilung stellt keine Entscheidung im Sinne der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG dar. Ebenso wenig ist von den Beteiligten vorliegend ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden, ganz abgesehen davon, dass Vergleiche in Abgabenangelegenheiten bekanntermaßen unzulässig sind.

b) Für die von den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin weiter verfolgte analoge Anwendung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV-RVG ist kein Raum. Die dort geregelte Situation, dass ein Verfahren vor dem Sozialgericht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet, ist keiner analogen Übertragung auf das Finanzgericht fähig. Einer solchen Analogie steht entgegen, dass es an der hierfür nach allgemeiner Rechtslehre erforderlichen Lücke in der Rechtslage fehlt. Vielmehr hat der Gesetzgeber, indem er die Annahme eines Anerkenntnis vor dem Sozialgericht zum Tatbestandsmerkmal gemacht hat, zugleich ausdrücklich entschieden, dass die Annahme von Anerkenntnissen vor anderen Gerichten (abgesehen von dem Fall des § 307 ZPO, der bereits in der Nr. 1 der genannten Vorschrift aufgegriffen wird) nicht in Betracht kommt. Dies ist umso nachdrücklicher festzuhalten, als in Nr. 3 eben gerade Fragen öffentlich-rechtlicher Verfahrensarten - nämlich des Sozialgerichtsverfahrens - in Ergänzung der in Nr. 1 für das Zivilprozessrecht und den dort geltenden § 307 ZPO getroffenen Regelung angesprochen werden. Umso mehr hätte der Gesetzgeber Anlass gehabt, auch das allgemeine Verwaltungsgericht bzw. das Finanzgericht zu erwähnen, wenn er nicht nur vor dem Sozialgericht, sondern auch vor einer dieser Gerichtsbarkeiten angenommene Anerkenntnisse zum Anknüpfungspunkt für die Zuerkennung einer Terminsgebühr hätte machen wollen.

c) Die Terminsgebühr steht der Erinnerungsführerin für ihre Prozessbevollmächtigten schließlich auch nicht nach Nr. 3202 Abs. 2 VV-RVG zu. Denn vorliegend ist - wie bereits erwähnt - keinerlei Sachentscheidung vom Finanzgericht getroffen worden; insbesondere auch nicht durch Gerichtsbescheid des Berichterstatters oder Vorsitzenden nach § 79a Abs. 2 FGO, durch Gerichtsbescheid des Einzelrichters oder des Senats (§ 90a FGO) oder durch Verfahren nach billigem Ermessen im Sinne des § 94a FGO bei einem - hier ohnehin überschrittenen - Streitwert von höchstens 500 EUR. Auch insoweit fehlt es angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Umschreibung der Gebührentatbestände an den Voraussetzungen jeglicher denkbaren erweiternden Analogie.

V. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, da das Gerichtskostengesetz hierfür keinen Gebührentatbestand vorsieht.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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